Vor 30 Jahren bekam Oberstdorf sein erstes Notarztfahrzeug
BRK-Bereitschaftsleiter Anton Kappeler über die Anfangstage des Notarztdienstes
Vor etwas mehr als 30 Jahren, im Dezember 1989, wurde Oberstdorf zum 25. bayerischen Notarztstandort bestimmt. Dem Beschluss waren jahrelange, zähe Bemühungen seitens der ortsansässigen Mitglieder des Roten Kreuzes sowie einiger Ärzte vorangegangen. Anton Kappeler, der die BRK-Bereitschaft Oberstdorf seit 27 Jahren leitet, war schon damals mit an Bord. Er erinnert sich an diese Zeit und berichtet ganz aktuell, wie sich Corona auf die Arbeit der rund 60 Bereitschaftsmitglieder auswirkt.
Die Verbandsversammlung des Rettungszweckverbandes, der damals unter Leitung des Geschäftsführers Herbert Schiek stand, erklärte Oberstdorf am 19. Dezember 1989 zum 25. bayerischen Notarztstandort – dem südlichsten Deutschlands. Bei den 40 Männern (darunter drei Ärzte) und 17 Frauen, die seinerzeit in der „Sanitätskolonne“ und „Frauenbereitschaft“ (in den 90er Jahren wurden die geschlechtlich getrennten Sanitätskolonnen und Frauenbereitschaften zu den BRK-Bereitschaften zusammengeführt) engagiert waren, sei die Freude groß gewesen, erinnert sich Anton Kappeler. „Das Ganze bedeutete ja auch die Anerkennung der bisherigen Leistungen. Schließlich hatte man sich rund sechs Jahre lang darum bemüht, den bis dahin eher behelfsmäßigen Notarztdienst auf solide Beine zu stellen.“
Eigeninitiative einiger Ärzte
Ein Name sei in diesem Zusammenhang unbedingt zu nennen, betont der 53-Jährige: Dr. Helmut Nussbickel. „Er gehörte zur `Kolonnenführung´ und war zusammen mit Bernhard Köberle und Alexander Rößle Initiator, Vater und Gründer des Notarztstandortes in Oberstdorf und ist bis heute Notarztobmann und beim BRK aktiv tätig.“ Tatsächlich hatte Dr. Nußbickel gemeinsam mit mehreren anderen Oberstdorfer Ärzten bereits 1986 aus eigener Initiative einen Notarztdienst aufgenommen. „Mit einem selbst finanzierten Piepser durch die Rettungsleitstelle alarmiert, fuhren sie mit ihren Privatfahrzeugen ohne Blaulicht zum Einsatzort“, weiß Kappeler. „Durch die Anerkennung als Notarztstandort war dann endlich eine bessere materielle und personelle Ausstattung möglich.“
Ein Highlight: Das erste Fahrzeug
Ab diesem Zeitpunkt stellten anfangs fünf niedergelassene Ärzte die notärztliche Betreuung rund um die Uhr sicher: Dr. Helmut Nußbickel, Dr. Karl-Heinz Tauscher, Dr. Ulrich Graf, Dr. Thomas Dobler und Dr. Eckehard Junghans. Damit sie nicht mehr im Privat-PKW zum Einsatzort fahren mussten, wurde ein eigenes Notarzteinsatzfahrzeug bestellt. Der Ford Sierra Kombi Allrad (Foto), der damals samt Ausrüstung rund 72.000 D-Mark kostete, wurde mit Zuschüssen vom Bayerischen Innenministerium, der Kassenärztlichen Vereinigung sowie durch Spenden lokaler Firmen und der Bevölkerung finanziert und ein halbes Jahr später, am 27. Juni 1990, in Betrieb genommen. „Als Zwischenlösung hatte die Firma Ford-Hartmann aus Oberstdorf den Rettern vorher ein halbes Jahr lang kostenlos einen silbernen Subaru GL zur Verfügung gestellt.“ Insgesamt sei das neue Notarztfahrzeug damals eine große Sache gewesen, sagt Kappeler und erinnert sich: „Das Behelfsblaulicht war auf einen Skidachträger aufgeschweißt. Drei Jahre später haben wir einen neuen Blaulichtbalken aufgebaut und mein Kollege Heiko Meinel hat auf meine Bitte in der Waschhalle der Rettungswache Sonthofen einen tagesleuchtroten Streifen auf das Notarztfahrzeug auflackiert.“ Schmunzelnd ergänzt er: „Den roten Schleier auf den Fliesen der Waschhalle kann man heute noch erkennen.“
Zahlen heute
Heute verfügt das Rote Kreuz in Oberstdorf über acht Fahrzeuge. Aktuell tun hier 20 Notärzte ihren Dienst. Ihre Einsätze entwickelten sich in den vergangenen 30 Jahren von damals 250 auf aktuell rund 900 im Jahr. Einschließlich der sonstigen Notfalleinsätze und Krankentransporte sind für die Oberstdorfer Rotkreuzfahrzeuge ca. 3.500 Einsätze bei einer Fahrleistung von rund 100.000 km/Jahr zu verzeichnen. Den Stamm der Rettungswache bilden 18 hauptamtliche Mitarbeiter. Hinzu kommen rund 60 ehrenamtliche Mitglieder - acht von ihnen waren schon zur Zeit der Gründung des Notarztstandortes mit dabei. Sie engagieren sich im Rettungs- und Sanitätsdienst, Sozialdienst, der Erste-Hilfe-Ausbildung, beim Blutspenden und im Katastrophenschutz. Jährlich erbringen sie weit mehr als 10.000 Stunden Dienst – normalerweise.
Folgen der Corona-Krise
“Normal ist in diesen Tagen allerdings wenig“, sagt Anton Kappeler und erklärt: „Die ehrenamtliche Tätigkeit beschränkt sich derzeit auf die Mitwirkung im Rettungsdienst und Einsätze durch die Unterstützungsgruppe Rettungsdienst. Alle Veranstaltungen, bei denen wir normalerweise den Sanitätsdienst stellen, wurden coronabedingt abgesagt. Auch unser Glühweinverkauf beim `Besinnlichen Advent´ wird nicht stattfinden können. Leider hatten wir dadurch seit Beginn des Lockdowns keine Einnahmen mehr zur Finanzierung unserer nichtbezuschussten Ausrüstung und sind deshalb heute mehr denn je auf Spenden angewiesen.“
Auch trotz Corona-Krise sind neue Mitglieder jederzeit herzlich willkommen. Im Oktober findet in Oberstdorf eine Sanitätsgrundausbildung statt.